Der Europäische Rat hat der Kommission grünes Licht für den Beginn formaler Handelsverhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika gegeben. Mit dem Mandat, die transatlantischen Handels- und Investitions- Partnerschaft (TTIP) mit den USA zu beginnen, haben die europäischen Mitgliedsstaaten ihre Zielvorstellungen der Verhandlung der Kommission übermittelt.
Das Mandat umfasst 3 Kernbereiche:
1) Markt Zugang
- Zölle: Aufhebung von nahezu allen Handelszollverpflichtungen für Industrie und Agrarprodukte.
- Ursprungsregel: Verbindung des EU- und US-Ansatzes, um den Handel unter Berücksichtigung der Interessen europäischer Produzenten zu vereinfachen.
- Handelsschutzmaßnahmen: Die EU möchte einen Dialog über anti-Dumping und anti-Subventionen mit den USA abschließen, ohne Nachteile in Bezug auf WTO Regeln.
- Dienstleistungen: Öffnung des Dienstleistungssektors für neue Bereiche, z.B. im Transportbereich. Anerkennung von europäischen Berufsqualifikationen in den USA und die Möglichkeit, dass EU-Firmen und Subunternehmen unter den gleichen Bedingungen wie US-Firmen operieren können.
- Investitionen: Höchste Standards im Bereich der Liberalisierung und des Investitionsschutzes auf beiden Seiten. Garantien für den Schutz vor Enteignung, freier Transfer von Fonds zu fairen und gerechten Verfahren, sodass europäische Firmen in den USA investieren können.
- Öffentliche Auftragsvergabe: Öffnung des Zugangs zur öffentlichen Auftragsvergabe auf allen Ebenen, ohne Diskriminierung europäischer Firmen und einem Zuwachs an Transparenz in Bezug auf öffentliche Ausschreibungen und einer Absage an nationale Mindestanteile.
2) Regulierungen und außertarifliche Barrieren hinsichtlich eines integrierten transatlantischen Marktplatzes
- Minimierung von unnötigen Kosten und Verzögerungen für Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrnehmung eines hohen Schutzniveaus in den Bereich Gesundheit, Sicherheit, Verbraucher und Umweltschutz.
- Beide Seiten sehen Rahmenbedingungen mit definierten Zielen und Fristen vor, die eine progressive größere Annäherung über die Zeit hinweg erlauben. So sollen existierende Barrieren abgeschafft, und die Schaffung neuer präventiv verhindert werden.
3) Globale Handels Herausforderungen und Möglichkeiten des 21. Jahrhunderts
- Der Erhalt des Schutzes geistigen Eigentums, nicht notwendigerweise eine Harmonisierung des Marktes, aber die Identifizierung von speziellen Bereichen, wo Divergenzen vorherrschen. Für die EU ist dabei de Geografische Angabe (GIs) von speziellem Interesse.
- Achtung von Sozial- und Umweltaspekten bezüglich Handel und nachhaltiger Entwicklung.
Eine Studie (MEMO/13/211) des Centre for Economic Policy Research in London hat ergeben, dass die EU-Exporte in die USA um 28% steigen werden. Der EU- und US-Handel mit dem Rest der Welt würde auf 33 Milliarden Euro steigen. Sollten diese ambitionierten Ziele erreicht werden, kann ein durchschnittlicher europäischer Haushalt ein extra von 545€ jährlich erwarten. Die Wirtschaft würde um 0,5% gestärkt werden, was zu einer Steigerung des Bruttosozialprodukts von 1% oder 119 Milliarden Euro jährlich führen könnte.
Verbraucherorganisationen auf beiden Kontinenten warnen allerdings, dass Verbraucherrechte nicht für wirtschaftliche Ziele geopfert werden dürfen. Der Europäische Dachverband der Verbraucherorganisationen (BEUC) appelliert an einen transparenten Prozess, damit Verbraucherstandards nicht verwässert werden. Dazu gehört die zentrale Forderung, Verhandlungen nicht hinter verschlossenen Türen zu führen. Während in den USA das Industry Advisory Committee eingerichtet wurde, das Industrievertretern Einblicke in den Prozess ermöglicht, sind Parlamente bislang nur spärlich beteiligt, und die Zivilgesellschaft gar nicht eingebunden.
Monique Goyens, Präsidentin von BEUC, bemerkt: “Die Handelsgespräche zwischen der EU und den USA werden nahezu alle Bereiche des Alltags betreffen. Datenschutz, Lebensmittelsicherheit, Arzneimittel dürfen jedoch nicht nur der Industrie und der Politik überlassen werden.“
Gerd Billen, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. sagte: „Wir erwarten von den Verhandlungsführern eine Harmonisierung nach oben, nicht eine neue Deregulierungsrunde nach unten.“ Heikle Themen in Bezug auf den Verbraucherschutz sind die Behandlung und Kennzeichnung von Lebensmitteln, insbesondere gentechnisch veränderte Lebensmittel, ebenso mit Chlor behandeltes Geflügel und hormonbehandeltes Fleisch.
Sobald die amerikanische Administration bereit ist, können die Verhandlungen mit der Kommission beginnen. Der Start der formalen Verhandlungen wird wahrscheinlich noch vor dem Sommer beginnen.
Weitere Informationen:
MEMO/13/211 http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-13-211_en.htm
'Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment: An Economic Assessment'. Centre for Economic Policy Research, London http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/march/tradoc_150737.pdf and
http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2013/march/tradoc_150738.pdf
Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP)
http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/ (Englisch)
Häufig gestellte Fragen zum TTIP
http://ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/questions-and-answers/index_de.htm
Quelle: EU Kommission